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Flipped Classroom – Unterrichtsmethode des #newlearning?!

Flipped Classroom – Unterrichtsmethode des #newlearning?!

NEU: Da das Thema Flipped Classroom sehr gefragt ist, habe ich einen Praxisratgeber dazu erstellt, den Du Dir hier herunterladen kannst!

Warum ist mir das Thema wichtig? Weil ich in der Methode Flipped Classroom eine, wenn nicht DIE, Schlüsselmethode für nachhaltigeres Lernen sehe! Für eine Methode des #newlearning, dem wir uns jetzt dringend widmen müssen, wenn wir wollen, dass unsere Schülerinnen und Schüler gut in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts zurechtkommen. Und wenn wir sie in den vier Kernkompetenzen (den 4K) stark machen wollen: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken.

Frontalunterricht scheitert kläglich daran, auch nur eine einzige dieser Kompetenzen zu fördern – seine Zeit ist endgültig vorbei. Aber was nun? Eine Methode, die allen 4K gerecht wird, hört sich idealistisch an? Keineswegs! Flipped Classroom kann das! Nun aber von vorne:

Flipped Classroom ist eine Unterrichtsmethode, die aus einer Selbstlernphase und einer Präsenzphase besteht. In der Selbstlernphase findet die Inhaltserschließung statt. Diese Phase erfolgt asynchron, d. h. jede*r Schüler*in teilt sich die Zeit für diese Phase selbstständig ein. Die zweite Phase findet dann in der Klasse gemeinsam in Präsenz statt und dient NUR NOCH der Inhaltsvertiefung.

Die vorgelagerte Selbstlernphase erlaubt den Schülerinnen, für die Inhaltserschließung im eigenen Lerntempo, mit den eigenen Lernstrategien und -materialien zu arbeiten. Das fördert die Selbstorganisationskompetenz und das Entwickeln von Lernstrategien enorm, was ebenfalls eine wichtige Kompetenz in unserer digitalen Wissensgesellschaft ist, in der der Zugang zu Informationen immer gegeben ist und es – eigentlich – nur noch am Aneignen (Lernen) hapert. So passt es perfekt, dass die Schülerinnen in der Selbstlernphase auch Lernen lernen (müssen). Hier gilt: Übung macht den Meister! Erwartet nicht, dass diese Selbstlernphase von Beginn an gelingt! Die Schülerinnen brauchen Zeit, um sich an diese neue Situation zu gewöhnen und Lernstrategien zu entwickeln. Fangt deshalb unbedingt klein an und überfordert die Schülerinnen anfangs nicht mit zu komplexen Inhalten in dieser Phase.

Mit diesem selbst erschlossenen Wissen kommen die Schüler*innen dann in die synchrone Phase im Klassenraum, um dort die Inhalte gemeinsam mit Dir, der Lehrperson, zu vertiefen. Hier liegt es jetzt an Dir, Dir etwas für die Präsenzphase zu überlegen, sodass die Schüler*innen ihr neues Wissen erproben, transferieren, diskutieren und reflektieren können. 

Denken wir an die 4K zurück: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken. Eine Möglichkeit, all diese Kompetenzen nun zu bedienen ist, zunächst eine kritische Diskussion, bspw. in Form einer moderierten Debatte zu führen. Eine Gruppe brainstormt Pro-Argumente, die andere Gruppe Contra-Argumente und dann wird, von Dir moderiert, diskutiert, debattiert. Das stärkt die rhetorischen und kommunikativen Fähigkeiten (uvm.!).

Im Anschluss könntest Du eine kreative Aufgabe zu den Inhalten geben: Lass die Schüler*innen einen Legefilm, Stopmotion-Video oder einen Podcast zu einem vertiefenden Themenschwerpunkt selbst entwickeln! Ziel: Kreativität und Kollaboration bei gleichzeitiger Inhaltsvertiefung, denn: Am besten lernt man doch durch’s Lehren! Die entstehenden Medienprodukte könnten dann noch präsentiert werden, die Unterrichtseinheit schließt mit einer Feedbackrunde – violá!

Zu schön, um wahr zu sein? Vielleicht, denn ich sehe da ein paar Herausforderungen, die es zu meistern gilt:

Erste Herausforderung: Wohin mit der Selbstlernphase?! 

An Universitäten ist Flipped Classroom eine beliebte Methode – klar, denn die Studierenden haben eine Woche in der Regel Zeit und können sich zu Hause mehrere Stunden der Inhaltserschließung widmen. Das geht für unsere Schüler*innen natürlich nicht.

Zwei Lösungsvorschläge:

  1. Mini-Lerneinheiten planen. Dann macht das Ganze einige Nummern kleiner, vergebt ein Thema zur Inhaltserschließung, das sich in 10-15 Minuten erschließen lässt, sodass Ihr es als Hausaufgabe mitgeben könnt. Entsprechend kleiner und mehrstufiger ist dann die Inhaltsvertiefung in der Präsenzphase zu planen.
  2. Verlagert die Inhaltserschließung in den regulären Unterricht. Plant also ein Thema in einer ganzen Flipped-Classroom-Reihe und wechselt dabei ab zwischen Unterrichtsstunden, die zur reinen Selbsterarbeitungsphase werden, und “echten” Präsenzphasen im Plenum. Bei der Selbstlernphase bietet Ihr Euer Material wie an einem Buffet an und die Schüler*innen können sich idealerweise etwas an einen Ort nehmen, an dem sie in Ruhe arbeiten können. Wenn es eine solche Möglichkeit an Eurer Schule nicht gibt, muss dieser Ort der Klassenraum sein. Vorteil von digitaler Arbeit am Tablet ist hier, dass die Schüler*innen bspw. Konzentrationsmusik nebenher hören können und so weniger durch Nebengeräusche abgelenkt werden. 

Zweite Herausforderung: Was mache ich mit lernschwachen Schüler*innen?

Die Methode Flipped Classroom ist insofern anspruchsvoll, als dass sie von Schüler*innen das eigenständige Erschließen von Inhalten “verlangt”, das diese oft aber nicht gewohnt sind und daher oft einfach nicht können. Je nach Sozialisationsumfeld kann das richtig schwierig werden, solche Schüler*innen dann nicht in der Selbstlernphase zu verlieren. Hier ist (individueller) Förderbedarf nötig. Wenn in Deine Klasse mehrere lernschwache Schüler*innen sind, empfehle ich Dir, bereits in der Selbstlernphase Tandems oder Gruppen zu bilden und dabei lernstarke und lernschwächere Schüler*innen zu mischen. Die Lernstarken können die Lernschwächeren individuell fördern, vertiefen durch das Lehren ihr WIssen und die Gruppe lernt, auch mit diversen Zusammensetzungen umzugehen. Als Lehrperson musst Du dann darauf achten, wie die Gruppen agieren, dass es sich um ein lernförderliches Miteinander handelt.

Dritte Herausforderung: Was ist, wenn jemand die Selbstlernphase nicht absolviert, d. h. die Hausaufgaben z. B. einfach nicht macht?

Zugegeben, das ist eine blöde Situation. Aber auch hier gilt: Übung macht den Meister. Die Methode ist neu und den Schüler*innen war noch nicht bewusst, dass diese “Hausaufgaben” einen anderen, viel wichtigeren Stellenwert haben, als die regulären Hausaufgaben, die sie sonst so kennen. Wenn sie merken, dass sie außen vor sind, wenn sie die Inhalte nicht vorher erschlossen haben, ist das unangenehm – keiner sitzt gerne als einzige*r Unwissende*r im Klassenraum. Natürlich versuchst Du, die Person so gut es geht zu integrieren und wenn sie Glück hat, kann sie sich noch einiges aus der Präsenzsitzung erschließen. Aber beim nächsten Mal kommt sie lieber vorbereitet. Je nachdem, wie Du die Präsenzphase gestaltest, macht es sogar viel Spaß, daran aktiv teilnehmen zu können – desto größer wird auch die Motivation sein!

Eine letzte Anmerkung dazu: Um sicherzustellen, dass die Inhalte aus der Selbstlernphase sitzen, bevor es in die Präsenzphase geht, kann eine “Schnittstelle” zwischen den Phasen eingebaut werden. Dieser Schnittstelle soll dann sicherstellen, dass die in der Selbstlernphase vermittelten Inhalte verstanden wurden. Umsetzen könnt Ihr das, indem Ihr an die Selbstlernphase ans Ende ein Quiz, einen Fragebogen, Aufgaben, einen Reflexionsauftrag oder eine größere Aufgabe (wie die Entwicklung eines Erklärvideos) stellt. Bei umfangreicheren Schnittstellen zur Sicherung, wie durch die Erstellung eines Erklärvideos, kann die Schnittstelle alleine schon eine oder mehrere Unterrichtseinheiten einnehmen. Je nachdem, wie viel Zeit Ihr für ein Thema habt, könnt Ihr hier planen.

Ich wünsche Euch ganz viel Erfolg bei der Umsetzung eines Flipped Classroom Konzept! 

Digitale Grüße,

Eure Martina

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